Ehepaar Jenny mit nepalesischen Bekannten

Vor 17 Jahren kehrte Familie Jenny nach Deutschland zurück. Sie hatten bis dahin zehn Jahre als Entwicklungshelfer im Land gelebt und gearbeitet. 2013 waren sie zuletzt gemeinsam zu Besuch in Nepal. Nun hatten Andreas und Karen Jenny die Gelegenheit, Land und Leute erneut intensiv zu erleben. Andreas steht der Leitung der Dorfentwicklungsarbeit von INF Nepal beratend und unterstützend zur Seite – als erfahrener Mentor mit langjährigem Engagement für das Land. Karen brachte sich als Ernährungwissenschaftllerin mit ein. Bei ihrem Besuch konnte sie sich selbst ein Bild der aktuellen Situation vor Ort machen, viele Gespräche führen und Erkenntnisse für die weitere Beratungsarbeit gewinnen. Im Folgenden berichtet das Ehepaar von seinen Erfahrungen und Eindrücken dieser Reise:

„ ‚Wie hat sich Nepal verändert?‘ – Diese Frage hörten wir oft, als wir Ende März 2025 – nach zwei Monaten in unserer früheren Heimat – wieder in Deutschland ankamen. Unser erster Eindruck führte zu der Antwort: Nepal ist sauberer und moderner geworden. Kathmandu und Pokhara, die Stadt, in der wir damals lebten, präsentierten sich überraschend verändert: bessere Straßen, deutlich weniger Müll, moderne Cafés mit ausgezeichnetem Kaffee. Überall sieht man E-Autos und Ladestationen – ein klares Zeichen dafür, dass Nepal im Begriff ist, sich von einem der „am wenigsten entwickelten Länder“ weiterzuentwickeln.

Doch neben all diesen positiven Eindrücken gibt es auch Entwicklungen, die uns nachdenklich stimmen: Die junge Generation ist fort. Arbeitsmigration hat stark zugenommen. Viele Nepalesen zieht es zum Arbeiten nach Indien, Malaysia, in die Golfstaaten, aber auch nach Australien, Nordamerika oder Japan. Die Regierung freut sich über die Rücküberweisungen; auch die Familien profitieren. Doch der Preis ist hoch. Die meisten jungen Menschen sehen im eigenen Land keine Perspektive. Es fehlen gutbezahlte Jobs, das Vertrauen in die Regierung ist gering, und ein längerer Auslandsaufenthalt gilt mittlerweile als Statussymbol. Der soziale Druck, „mit wegzugehen“, wächst. Leider hat das dramatische Folgen: In einigen Fällen sind junge Männer durch irreführende Versprechungen in der russischen Armee gelandet und an der Front im Ukrainekrieg gestorben.
In abgelegenen Dörfern leben oft nur noch die Alten und Kinder. Felder bleiben unbestellt, Beerdigungen können nicht mehr durchgeführt werden. In fast jeder Familie, die wir trafen, war mindestens ein Mitglied im Ausland.

Wie geht es weiter mit Nepal? Wer wird das Land in Zukunft gestalten? Woher kommen Mitarbeitende für lokale Organisationen? Was geschieht mit den Familien, die durch jahrelange Trennung belastet werden – oder zerbrechen? Und wie geht es den Kindern, die ohne Eltern aufwachsen?

Es sind Fragen ohne einfache Antworten – sie werden uns noch lange begleiten. INF setzt sich in der strategischen Planung der nächsten fünf Jahre intensiv damit auseinander, Lösungen zu finden.“